24 Stunden »Musik aus der Zukunft«

18. bis 19. September 2021, 16 bis 16 Uhr,
K21 Kunstsammlung nrw, Eintritt frei

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Unter der künstlerischen Leitung von Matthias Osterwold versammeln sich im K21 in Düsseldorf für 24 Stunden 24 Musiker*innen zu einer musikalischen Hommage an Joseph Beuys. Beuys machte Musik zu einem wichtigen Bestandteil seines bildnerischen Denkens und prägte sie maßgeblich mit seinem erweiterten Kunstbegriff. Die Hommage nimmt Beuys’ langjährige Beschäftigung mit dem Werk und der Haltung des französischen Komponisten Erik Satie (1866–1925) als Ausgangspunkt und Rahmen. Nicht nur professionelle Pianist*innen, sondern auch bildende Künstler*innen, Kurator*innen, Schüler*innen sind dabei. Zu den 24 Pianist*innen zählen unter anderem Heloisa Amaral, Ari Benjamin Meyer, Makiko Nishikaze, Sabine Liebner, Ulrike Groos, Claudia Chan und Matthias Osterwold selbst. Die Veranstaltung bildet im Jubiläumsprogramm »beuys 2021. 100 jahre joseph beuys« einen weiteren vielstimmigen Höhepunkt. Alle Gäste sind herzlich eingeladen, ohne Ticket und Anmeldung zu einem beliebigen Zeitpunkt zu dem 24-stündigen Konzert dazu zustoßen.

Joseph Beuys und die Musik

Joseph Beuys hatte eine starke, eigenwillige Beziehung zur Musik und zu musikalischen Fragestellungen. Zahlreiche seiner Werke enthalten musikalisch-akustisches Material. Die imaginäre, symbolische und physische »Klanglichkeit« der eingesetzten plastischen Elemente – Materialien, Objekte, Gesten, stimmliche, instrumentale Aktionen – spielt eine integrale Rolle. Durch sein gesamtes Werk ziehen sich »musikalische« Werktitel wie etwa »Sibirische Symphonie 1. Satz«, »Erdklavier«, »Infiltration Homogen für Cello«, »Klavier Oxygen« und viele andere.
Mit Nam June Paik und Henning Christiansen hat er in diversen Aktionen musikalisch unmittelbar zusammengearbeitet. Recht selten allerdings zitiert oder bezieht sich Beuys auf konkrete Musikwerkeanderer. Vermutlich durch seine Klavierlehrerin hatte Beuys schon als Jugendlicher die Musik von Erik Satie kennengelernt, zu einem Zeitpunkt, an dem Satie weitgehend in Vergessenheit geraten war und in Kreisen Neuer Musik nicht viel galt. Er schätzte Satie sehr, ebenso wie er John Cage schätzte, der sich seinerseits immer wieder auf Satie bezog. Beuys eint mit Satie, Cage, Paik, Christiansen und Fluxus- Künstler*innen das Bestreben, einen überkommenen Kunst- und Musikbegriff zugunsten einer erweiterten, die Grenzen der Genres negierenden Vorstellung zu überwinden.

Joseph Beuys, Erik Satie und John Cage

Die 24-stündige Aufführung der enigmatischen Komposition »Vexations« von Erik Satie im K21 versteht sich als Hommage an Beuys’ Aktionskunst und Musikalität. Sie will auch erinnern an das Happening »24 Stunden« in der Wuppertaler Galerie Parnass am 5. Juni 1965, an dem Beuys gemeinsam mit Bazon Brock, Charlotte Moorman, Nam June Paik, Eckart Rahn, Tomas Schmit und Wolf Vostell teilgenommen hatte.

»Vexations«, was zu Deutsch so etwas wie »Quälereien« oder »Schikanen« bedeutet, aber auch an das »Vexierbild« als Trug- und Kippbild denken lässt, entstand vermutlich 1893 während der Phase, in der sich Satie dem esoterischen Rosenkreuzer-Orden angeschlossen hatte, wo ihn neben spirituellen Themen auch Numerologie und Zahlenmystik beschäftigten. Das Manuskript wurde erstmals 1949 in der Zeitschrift »Contrepoints« veröffentlicht, wohl auf Anregung von John Cage, der eine Kopie besaß. Éditions Max Eschig publizierte 1969 die Noten zusammen mit zwei weiteren Blättern als »Pages mystiques«. Eine Aufführung zu Lebzeiten von Satie ist nicht bekannt. Es ist auch unbekannt, ob das Werk für eine reale Aufführung gedacht war oder mehr als Konzeptstück, als imaginäre Musik anzusehen ist.

John Cage realisierte im September 1963 mit 10 Pianisten in New York die wohl erste vollständige Aufführung in 18:40 Stunden. Bei der für das Beuys-Jubiläum vorgesehenen Aufführungsdauer von 24 Stunden spielt jede*r Pianist*in das Werk innerhalb einer Stunde 35-mal, bis ein*e nächste Spieler*in übernimmt. Im K21 spielen 24 Pianist*innen »Vexations« jeweils eine Stunde lang – Profis und Amateure, jüngere und ältere, bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten.