Eröffnung 16.04.2025
Dani Gal "Dark Continent"
Laufzeit 15.4.25 – 1.7.25
Das Video wird täglich bei Einbruch der Dunkelheit bis 24 Uhr in einer Endlosschleife gezeigt. (außen)
Dani Gal, Dark Continent, 2023
Die Geschichte, die im Mittelpunkt seines Films Dark Continent von 2023 steht, hat Dani Gal direkt aus Schwarze Haut, Weiße Masken übernommen, jenem Buch, mit dem der in Martinique geborene Psychiater, Autor und Aktivist Frantz Fanon 1952 schlagartig berühmt wurde und sich zum Vordenker und frühen Theoretiker der Dekolonisation aufschwang. In dieser von Fanon zitierten und von Gal nun dramatisierten Fallstudie aus einer psychiatrischen Klinik ist die Rede von einer jungen weißen Französin, die abstrakte, kreisförmige Halluzinationen sieht und „afrikanische“ Trommelmusik zu hören meint. Der behandelte Arzt heilt die Frau in einer Art Klartraum-Therapie: die Kreise zerbrechen, werden durchgestrichen und verschwinden, das polyrhythmische Trommeln wird durch klare Walzertakte ersetzt.
Dani Gal erzählt uns diese Geschichte einer Heimsuchung und ihrer mit Auslöschung und Überschreibung operierenden fragwürdigen Heilung auf mehreren, elaboriert miteinander verschränkten diegetischen Ebenen. Dabei wird die Unterscheidung zwischen filmischer Fiktion und realer Begebenheit brüchig. Analog dazu verkompliziert insbesondere die Figur der weißen, aber passiven und objektivierten jungen Frau scharf gezogene Grenzen zwischen Rollen und Kategorien, Täter*innen und Opfern. Und schließlich erscheint die Trommel, die von den neuen Kolonialmächten und Sklavenhaltern schnell verboten wurde, in diesem Film als traditionelles afrikanisches Gegenstück zur modernen europäischen Nachrichtentechnik Radio.
Die kollektive Gewalt- und Unterdrückungsgeschichte des Kolonialismus taucht als historische Bedingung der individuellen psychischen Erkrankung in Dark Continent entsprechend vor allem über die Ebene des Klangs auf. Denn der Ton vermag die Bilder zu durchdringen und in seiner Unfixierbarkeit Spielräume zu eröffnen. Er kann das Festgefügte durcheinanderbringen, als „Anwesend-Abwesendes“ Vergangenes in die Gegenwart transportieren und Gegenwärtiges mit der Vergangenheit rückkoppeln, auf dass das Verdrängte im Verdrängenden wiederkehrt, das eine Medium im anderen.
Und so hallen, von einem leeren Zentrum ausgehend, allerlei Echos durch Dani Gals Film und überbrücken Generationen, Zeiten und Kontinente. Wellen überlagern sich, löschen sich in Interferenzen erst aus und verstärken sich dann. Geschichte wird dabei sichtbar als umkämpftes, von Macht, Gewalt und Unterdrückung strukturiertes Resonanzfeld, in dessen Hallräumen die Geister hin- und herwandern – und dabei bisweilen auch durch jene Wände gehen, die nicht nur diese Räume, sondern auch uns voneinander trennen, die wir sie bewohnen.