
Johanna Bach: Empörungsbereitschaft und -abwehr nach dem 7. Oktober
Makroscope e.V./ Museum für Fotokopie
Dass man die Funktionsweise und die Tragweite des Antisemitismus nicht verstehen kann, wenn man sich in dessen Analyse allein auf die kognitiven Vorurteilsstrukturen beschränkt, ist in der Forschung inzwischen weitestgehend anerkannt. Es wird darauf verwiesen, dass anschließend an Sartres Rede vom ...
Dass man die Funktionsweise und die Tragweite des Antisemitismus nicht verstehen kann, wenn man sich in dessen Analyse allein auf die kognitiven Vorurteilsstrukturen beschränkt, ist in der Forschung inzwischen weitestgehend anerkannt. Es wird darauf verwiesen, dass anschließend an Sartres Rede vom Antisemitismus als „Weltanschauung und Leidenschaft“, auch dessen emotionale Seite berücksichtigt werden müsse.
In diesem Kontext bisher wenig erforscht, ist die Rolle sogenannter „moralischer Gefühle“. Zu diesen zählt neben Schuld und Groll auch das Gefühl der Empörung, das in der Moralphilosophie als stellvertretendes Gefühl definiert wird. Was es für Opfer von Verbrechen bedeutet, wenn sich ihre Mitmenschen über das ihnen Angetane nicht empören, beschreiben u.a. Hannah Arendt, Primo Levi oder Jean Amery nach der Shoah eindrücklich. Und auch nach den antisemitischen Massakern der Hamas vom 7. Oktober 2023 beklagen Jüdinnen und Juden eine weit verbreitete emotionale Regungslosigkeit.
Gleichzeitig lässt sich nach dem 7. Oktober – gerade in linken Kreisen – eine enorme und geradezu intuitive Empörungsbereitschaft angesichts der israelischen Reaktion auf den Angriff der Hamas beobachten. Dabei geht es jedoch nicht immer um echte und notwendige Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung. Stattdessen dient Antisemitismus schon immer als identitätsstiftendes, kollektives Empörungs-Angebot, das moralische und emotionale Eindeutigkeit verspricht. Diese Gleichzeitigkeit von Empörungsverweigerung und Empörungsbereitschaft, die der Antisemitismus provoziert, gilt es auch angesichts aktueller Entwicklungen zu analysieren.
Johanna Bach hat Soziologie und Philosophie in Frankfurt am Main studiert und promoviert über Die Gefühlswelt des Antisemitismus an der Universität Passau. Sie ist Mitherausgeberin des Quellenbands Vermeintliche Gründe. Ethik und Ethiken im Nationalsozialismus und des Studienbuchs Soziale Arbeit und Rechtsextremismus sowie Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Artikel.
Vor dem Vortrag ist von 16 bis 19:30 Uhr die Ausstellung 6:56 (Link) geöffnet.
Der Eintritt ist frei. Vortrag und Ausstellung sind nicht für Kinder geeignet. Der Raum ist dem Erinnern gewidmet - Störungen akzeptieren wir nicht und haben ein entsprechendes Schutzkonzept vorbereitet.
Eine Veranstaltung des Makroscope e.V. in Kooperation mit der Partnerschaft für Demokratie Mülheim an der Ruhr. Gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ und mit Mitteln der Beauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bekämpfung des Antisemitismus, für jüdisches Leben und Erinnerungskultur.
- 09.10.2025, 19:30 Uhr
Matthias Küntzel: Das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 und die Folgen
- 10.10.2025, 19:00 Uhr
Zir.kulation - der FLINTA*-Abend
- 16.10.2025, 19:30 Uhr
Nikolai Schreiter: Der 7. Oktober und die extreme Rechte
- 17.10.2025, 19:00 Uhr
Konzert Schma/ Support: Die Jugend von gestern
- 18.10.2025, 20:00 Uhr
Vortrag mit Matheus Hagedorny: Postmigrantischer Rechtsextremismus
- 19.10.2025, 15:30 Uhr
Fl(t)i*ttchen_lesen – feministischer Lesekreis
- 22.10.2025, 19:00 Uhr
Wir spielen Magic (MTG)!
- 24.10.2025, 19:00 Uhr
Konzert: KOU
- 25.10.2025, 19:00 Uhr
Finna, Yung FSK18
- 26.10.2025, 16:00 Uhr
Konzert Stefan Schmidt - Stephan Bartsch - Stefan Strasser