The Dancing Public – Mette Ingvartsen mit Uraufführung bei PACT Zollverein

Große Menschenmengen, die auf den Straßen scheinbar unkontrolliert in Bewegung gerieten, galten in Europa schon immer als verdächtig, wie die Geschichte der sogenannten ‚Tanzwut’ zeigt. Die ekstatischen Ausbrüche in unerbittlichen Tanz, in körperliche Zuckungen, Krämpfe und unkontrollierbare Gesten verbreiteten sich von einem Körper auf hunderte, die über Tage und Monate zum Teil einer massenhaften Bewegung wurden. Vom Mittelalter bis zur Neuzeit, wurden für die immer wiederkehrende Tanzwut verschiedene Erklärungsansätze bemüht – von der Besessenheit durch böse Geister, die Verfluchung durch Heilige bis hin zu neurologischen Störungen und schließlich die medizinische Konstruktion des Krankheitsbildes Hysterie. Dass sich die Ansteckung offensichtlich durch Nachahmung vollzog, stellte die Ausbrüche in den Verdacht einer Art Tanz-‚Krankheit‘ ohne Ursache. Doch verbarg sich hinter dem gefährlichen Anschein einer öffentlichen Unruhe, ein Körper, der tanzte, um sich von den Belastungen durch Epidemien, Naturkatastrophen und Armut zu befreien. Ein Körper, tanzend im Dissens.

Ausgehend von diesen kollektiven Momenten der Tanzwut, erforscht Mette Ingvartsen die Momente bewegter Ekstase im sozialen Miteinander in einer postpandemischen Gemeinschaft. In einer intensiven Mischung aus unaufhaltsamen Bewegungen, unaufhörlicher Musik und rasanten Rhythmen aus Worten und Gesängen sprengt ihr Solo die soziale Isolation des Jahres 2020. Als tänzerisches Fest, als Konzert der gesprochenen Poesie oder als eine körperliche Raserei bis hin zur völligen Erschöpfung, wirft Ingvartsens formveränderndes Stück Fragen auf: Kann ein Tanz den sozialen Körper des Publikums entführen und umgestalten? Welches Bedürfnis nach Exzess und Bewegung spüren wir in unseren Körpern heute? Sind wir bereit, wieder high vom Leben zu sein?

Termine:

FR 24.9. & SA 25.09. 20 UHR

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